Nicht umzubringen
Der Welt-Fußball sprengt sich mit bestechender Regelmäßigkeit selbst in die Luft. Doch immer, wenn sich der Rauch verzieht und die Staubwolke legt, steht der Königspalast noch prunkvoller da als vor der Explosion.
Dass ein Attentäter einen Selbstmordanschlag überlebt, ist höchst unwahrscheinlich. Bei Institutionen geht das. Ob das nun Banken sind, die sich auf verbrecherische Spekulationen einlassen und dann von den Steuerzahlern gerettet werden, oder ob es sich um den Welt-Fußballverband (FIFA) handelt.
Jede Weltmeisterschaft wird mittels systematischer Korruption vergeben. Nein, nicht nur jene von 2022 an die Oase Katar oder jene von 2018 an Russland. Auch die WM 2006 in Deutschland war betroffen. In den Jahren dazwischen kündigt ein despotischer Präsident immer wieder einen Selbstreinigungsprozess an, der dann genau nie stattfindet.
Außerdem wird den jeweiligen Veranstalterländern vorgegaukelt, sie könnten in aberwitzigem Maße von einer WM profitieren. Dies ist ebenso nie der Fall, weil die FIFA selbst den gesamten Rahm abschöpft. Die Austragungsstädte bleiben hingegen auf Stadien sitzen, die sich niemals rentieren können. Geschäftsleute und Gastronomen, die vor der WM das Big Business gewittert haben, werden mittels Knebelverträgen in den Ruin getrieben.
Die FIFA tut natürlich auch Gutes: Mit der aufwändigen Anti-Rassismus-Kampagne ist ohne Zweifel viel erreicht worden. Medienwirksam und voll im Political-Correctness-Mainstream. Die soziale Weiterentwicklung in Ländern wie Brasilien, die wirtschaftlich für die WM bluten müssen, darf da schon unter den Tisch fallen. Sind ja doch nur ein paar Querulanten, die da Jobs und Ausbildung in einer lebenswerten Umwelt fordern. Schwamm drüber. Wen kümmern schon die Weltverbesserer und Demonstranten, oder womöglich gar kritische Journalisten, wenn Ronaldo ein Wimmerl auf der Ferse hat? Im Gegenteil: die stören doch nur.
Der Fußball ist nicht umzubringen. Während einer WM sammeln Erwachsene Menschen Panini-Pickerln, ziehen bunte Trikots über, selbst wenn sie im richtigen Leben jede Form von überzogenem Patriotismus ablehnen. Sie opfern ihr Familienleben, gefährden ihre Ehen. Sie würden sogar ihren Job aufs Spiel setzen, wäre da nicht der Chef, der die mitunter grobe Arbeitsverweigerung gar nicht mitbekommt, weil er selbst vier Wochen lang im Oranje-Dress der Holländer herumsitzt und aufs jeweils nächste Match wartet.
Die Machenschaften der FIFA sind längst mehrfach aufgedeckt worden, doch sie interessieren kein Gericht der Welt. Es gibt keine Instanz, die solche Enthüllungen aufgreift und der FIFA an den mit Diamanten besetzten Kragen geht. Niemand ist zuständig. Aber es fehlt auch der Mut, sich mit einer der mächtigsten Organisationen der Welt anzulegen. „Würde etwa die UNO dies tun, gäbe es danach die UNO nicht mehr“, vermutete unlängst ein angesehener britischer Journalist.
Und das Schlimmste ist…
…sorry, ich muss jetzt aufhören. Mir fehlen noch Terence Kongolo, Chicharito, Mix Diskerud und Ermin Bicakcic in meinem Panini-Album. Außerdem muss ich mein Ecuador-Dress bedrucken lassen. Namenszeile über der Nummer… Sie verstehen das, oder…
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