Alexandra Gruber
Film

„Gas geben, ein T-Rex ist hinter euch her!“

Dienstag, 4. Februar 2014
Norbert und Bettina Schmickl haben ein außergewöhnliches Hobby. In ihrer Freizeit arbeiten sie als Ausgleich zu ihren gutbürgerlichen Brotjobs als Statisten.
Norbert Schmickl
Norbert Schmickl
Dreh im Fake-Supermarkt

Nobert Schmickl ist schon dreißig Mal vor einem T-Rex geflüchtet, und er hat es sehr genossen.
„Wir drehten im Dinosaurierpark Traismauer eine amerikanische Dokumentation und mussten in Panik vor einem Saurier davon laufen,“ erzählt der Jurist. Er sitzt in Anzug und Krawatte in seinem schmucken Büro in der Wiener Innenstadt neben seiner Frau Bettina auf der Couch und schwärmt von seinem außergewöhnlichen Hobby.

Norbert und Bettina Schmickl sind Statisten aus Leidenschaft. „Wir waren ungefähr 250 Leute und mussten auf ein riesiges Tor zurennen. Ein paar sind ganz locker losgelaufen. Der Regisseur hat geschrien: ‚Gebt Gas, ein T-Rex ist hinter euch her!‘“ erinnert sich Norbert.

Er war bereits Ende Dreißig, als er zu seinem ersten Casting ging. Beide haben keine Schauspielausbildung und können nur an Urlaubs- oder Ersatzruhetagen drehen. Trotzdem gelang es vor allem Norbert, immer wieder Minirollen in interessanten Projekten zu ergattern. Er spielte bereits in einigen Werbespots von bekannten Firmen mit und durfte in dem oscarnominierten Spielfilm Revange mit Ursula Strauss einen Bordellbesitzer darstellen. „Ich hatte allerdings keinen Text.“

Projektmanagerin Bettina war schon Statistin, bevor sie Norbert kennen lernte. „Ich mache das seit ungefähr 2006. Ein Jahr später habe ich Norbert getroffen und konnte ihn dafür begeistern.“ Eine Sprechrolle hatte sie noch nie, aber die Projektmanagerin sieht das Ganze sowieso nur als Ausgleich zur ihrem Brotjob: „Man lernt auf den Sets immer interessante Leute kennen. Einmal habe ich zum Beispiel mit Markus Rogan gedreht.“ Ihr Mann pflichtet ihr bei. „ Als Jurist besteht mein Berufsalltag aus Akten und Sitzungen. Die Filmwelt ist ganz anders, so chaotisch. Da trifft man so viele spannende Charaktere.“ Das entschädigt für die Hauptbeschäftigung eines Statisten, das Warten.

Handschuhe im Hochsommer

Norbert Schmickl
Norbert Schmickl
Norbert mit Sarah Wiener

Das Ehepaar hatte erst einmal ein Engagement beim gleichen Dreh. „Das war in der Westernstadt Wöllersdorf. Wir waren aber nur einfaches Fußvolk,“ sagt Bettina. Sie habe es viel schwerer als ihr Mann, gebucht zu werden. „Erstens sind bei den Agenturen viel mehr Frauen als Männer registriert. Und zweitens werden meistens blonde Modells gesucht,“ erklärt die Rothaarige.

Offenbar ist das wirklich so. Denn der dunkelhaarige Norbert bekam bisher meistens blonde Filmehefrauen zur Seite gestellt. So auch, als er für einen Werbespot in einem gefakten Kaufhaus stundenlang mit Einkaufswagen und Blondine durch eine leere Fabrikshalle schlenderte. „ Wir mussten mitten im Hochsommer Winterjacke, Schal und Handschuhe tragen,“ erinnert er sich. Die Damen von der Maske föhnten ihm zwischendurch immer wieder den Schweiß weg. „In den Drehpausen sind wir in einen Pool gesprungen.“

Norbert wird oft als Anzugträger gebucht. Als „ Bürofritze“, wie er sich ausdrückt. Schwer sei es, auf Kommando eine bestimmte Mimik an den Tag zu legen. „Dann musst du von einer Sekunde auf die andere böse schauen oder lächeln.“ Oder verliebt, wie bei dem Dreh für einen Werbespot mit Starköchin Sarah Wiener. „Ich habe einen OMV-Filialleiter dargestellt, und sie hat in dieser Filiale eingekauft. Ich musste ihr mit einem verliebten Gesichtsausdruck hinterherlaufen. Zum Schluss sagte ich zu ihr: ‚Kommen Sie wieder, Frau Wiener.‘“

„Als Frau ist man am besten dünn und blond“

Die Verdienstmöglichkeiten bei Statisten-Jobs sind schwer festzumachen. Spielt man in einer Massenszene mit, verdient man in etwa 50 € für einen halben Tag. Bei größeren Rollen in Werbespots werden bereits einige hundert Euro pro Tag bezahlt.

Eine kleine Auswahl seriöser Agenturen:

Ein paar Ratschläge für Möchtegern-Statisten haben die Schmickls auch: „Es gibt Agenturen, die Geld dafür verlangen, dass sie dich registrieren. Davon rate ich ab. Eine gute Agentur macht das nicht. Dort bewirbt man sich mit Fotomappe, Lebenslauf und Projektliste, falls vorhanden,“ sagt Norbert. „Wenn man zu einem Casting eingeladen wird, sollte man nicht allzu oft absagen. Und als Frau ist man am besten dünn und blond,“ meint Bettina.

Aber nicht nur die Jungen und Schönen haben Chancen auf einen Statisten-Job. Norbert kennt eine Agentur, die ihre Klienten in drei Kategorien unterteilt: „Männlich, weiblich und Typen. Wenn man zum Beispiel eine Erwin-Pröll-Frisur hat oder einen merkwürdigen Bart, kommt man in die dritte Kategorie. Und da hat man durchaus Chancen auf einen Job.“

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