Marliese Mendel
Hunde

Adrenalinhaltige Gatschrennen

Dienstag, 10. Juni 2014
Markus Gerstl ist Wiens Laufhunde-Pionier. Bevor er und sein Hund Finn uns auf der Donauinsel davongelaufen sind, haben wir noch mit ihnen über narrische Hunde mit enormer Zugkraft gesprochen.

Finn ist ungeduldig. Er schaut Markus an. Der spricht in ein Aufnahmegerät und erzählt von der Faszination am Laufhundesport. Finn ist ein Weimeraner und will lieber laufen, als von „adrenalinhaltigen“ Mountainbike-Abfahrten, Gatschrennen und seinem Erfolg bei der Laufhunde-EM zu hören. dieZeitschrift hat Finn, Markus und ihre zwei- und vierbeinigen Freunde um 7 Uhr morgens auf der Donauinsel getroffen. Die Hunde sind fit, die Menschen noch etwas verschlafen.

Markus läuft und bikt mit Finn seit fast zwei Jahren. Beide gehören dem Verein LaufHundeSport Austria an. Aber das Vereinsleben und die Internetwelt interessieren Finn nicht. Er steht mit seinem angelegten Laufgurt am Parkplatz und wartet ungeduldig darauf, dass sein Herrl Markus ihm endlich den Befehl „lauf“ gibt und aufhört zu reden. Der Zweibeiner erzählt, dass er gezielt einen Hund gesucht habe, mit dem er sporteln kann. Er wollte keinen Hund mit genetischen Defekten, „weil die gehen gleich kaputt“.

Hund mit Stoßdämpfer

Markus entschied sich vor drei Jahren für einen agilen Jagdhund, für Finn. Seither verbindet die beiden nicht nur eine intensive Hund-Mensch-Freundschaft, sondern auch eine Spezialleine mit integriertem Ruckdämpfer. Der Mensch trägt einen Beckengurt, der Hund ein Spezialgeschirr und durch die Leine hängen sie zusammen. Die „stoßgedämpfte“ Leine verhindert, dass Mensch oder Hund bei abrupten Bewegungen verletzt werden und schont die Wirbelsäule des Vierbeiners.

Der Hund rennt, der Mensch lenkt

Laufhundesport, Laufhunde, Wien, Markus Gerstl, Donauinsel
Marliese Mendel

Der Hund steht vor dem Mensch und sobald das Herrchen „lauf“ ruft, rennt der Hund los und „zieht“ den Zweibeiner an. Der Hund gibt das Tempo an, der Mensch lenkt und ruft Kommandos. Damit der Hund diese auch versteht, empfiehlt Markus jedem zukünftigen Hundeläufer, einen zweitägigen Kurs zu besuchen. Der Mensch lernt die Kommandos und der Hund, wie er sie befolgt.

Mitmachen kann „jeder Hund der höher als Gras ist“. Je kleiner der Hund, umso weniger Zugkraft hat er. Normalerweise kann ein Hund das Fünffache seines Körpergewichts ziehen. Manche Hunde wollen gar nicht ziehen, „andere sind vollkommen narrisch und nicht zu bremsen“. So wie Markus' silbergrauer Hund, Sonjas kleiner Sheltie, Brigittes Dalamtiner, Ingrids Neufundländer, Sabines Irish Setter und Alberts Labrador. Die Hunde warten ungeduldig, bis die Menschen Beckengurte angelegt und Interviews gegeben haben. Der Neufundländer Balu kann es gar nicht mehr erwarten. Heftig zerrt er an seinem zierlichen Menschen. Der Sheltie schmust mit Sonja und der Dalamtiner interessiert sich für einen Baum. Außerdem wird es langsam wärmer. Man sollte nur bei Temperaturen unter 15 Grad mit dem Hund laufen. Bei höheren Temperaturen kann es für die Vierbeiner gesundheitschädlich sein.

Ein Hund, ein Mensch, ein Team

Laufhundesport, Laufhunde, Wien, Markus Gerstl, Donauinsel
Marliese Mendel

Finn steht vor Markus, zwischen ihnen spannt die Leine, immer wieder dreht er den Kopf um, aber Markus redet noch immer: „Weimaraner sind Kopfhunde und eigentlich Jagdhunde.“ Auf der Donauinsel gibt es außer anderen Hunden und Hasen wenig zu jagen. „Das tut er sowieso kaum“, sagt Markus.

Manchmal kommt der Jagdtrieb durch und Finn entscheidet, dass er trotz angebundenen Menschen ein Reh oder einen anderen Hund jagen muss. „Das ist dann nicht so lustig. Wenn er extrem im Laufen ist, besonders viel Gas gibt, dann glaub ich, dass er sich an mir für etwas rächen will.“ Aber meist sind Finn und seine Freunde nur sportlich. „Körperlich und geistig ausgelastete Hunde vertragen sich untereinander, sind nicht aggressiv und viel leichter zu halten.“ Die mitlaufenden Hundehalter nicken zustimmend.

„Die Bindung zwischen Hund und Mensch wird durch diese Sportart extrem gefördert. Weil man im wahrsten Sinn des Wortes mit dem Hund verbunden ist. Man wird mit dem Hund ein Team.“

Wie gut das Team Finn und Markus funktioniert, zeigten sie letzte Jahr bei den Cani-Cross-Europameisterschaften (Geländelauf) in der Schweiz. Von 50 startenden Teams in ihrer Kategorie belegten sie trotz schlechtem Wetter und schlammigen Waldwegen den 26. Platz. Ein gutes Ergebnis für das erst vierte Rennen im ersten Wettkampfjahr. Dafür haben sie hart trainiert, täglich laufen sie bis zu zwei Stunden zwischen fünf bis fünfzehn Kilometer. 800 Meter Höhenunterschied auf 14 Kilometer schaffen sie in siebzig Minuten. Auch bei scheußlichem Wetter laufen die beiden, bis sie aussehen wie „Schlammmännchen“. Gatsch und steile Berghänge haben die beiden noch nie davon abgehalten, mit bis zu 38 km/h durch die Natur zu laufen.

Factbox

Hundeausrüstung max. 100 Euro
Zweitägiger Hundelaufsport-Kurs: 120 Euro
Verein LaufHundeSport Austria
Kontakt zum Verein
Termine zum Schnupperlaufen und Mitmachen auf Facebook

Auf der Donauinsel gehen es die Hundeläufer gemächlicher an. Finn legt sich ordentlich ins Zeug, bis ihm die Zunge raus heraushängt und Markus die Lunge brennt. Sheltie läuft langsamer, er muss seine Kräfte schonen. Mit seinem Mensch fährt er heute noch zu einem dreitägigen Agility-Wettkampf (Hindernislauf). Der Dalmatiner gräbt tiefe Löcher, der Neufundländer ist nach einer Stunde erschöpft und nimmt ein Bad in der Donau. Finn freut sich auf sein Lieblingsfressen: Fisch.

Share this content.