Marliese Mendel
Ostbahn Kurti

Wie der Polifka zur Weinhandlung kam

Freitag, 9. Mai 2014
Der Religionslehrer Dietmar Müller vereinte zwei seiner großen Leidenschaften, Wein und Ostbahn-Kurti und eröffnete in der „kurtologisch“ geschichtsträchtigen Reindorfgasse eine Weinhandlung.

In der Reindorfgasse wuchs der Ostbahn-Kurti-Erfinder und Songtexter Günter Brödl über dem Bettwarengeschäft seiner Eltern auf, trank im Gasthaus Quell und verewigte den Stricksalon Gerty in seinen Liedtexten. In diesem Grätzel wohnte auch der Ostbahn-Kurti-Fan Dietmar Müller.

„Ich sinnierte bei dem einen oder anderen Achterl im Quell darüber, in der Reindorfgasse ein Geschäft aufzumachen“, erzählt Müller, „aber ich hatte kein Faible für das Kaufmännische“. Denn eigentlich ist Dietmar Müller begeisterter Deutsch- und Religionslehrer. Vor zwei Jahren verspürte er jedoch die Notwendigkeit sich „aus psychohygienischen Gründen“ auch auf etwas anderes zu konzentrieren. „Dinge über die ich mich ärgerte wären sonst zu groß geworden“, sagt Müller. Also verband er zwei seiner Leidenschaften: Wein und Ostbahn-Kurti und eröffnete eine Weinhandlung im ehemaligen Stricksalon Gerty. Er benannte den Laden nach einem seiner Lieblings-Protagonisten des Kurtiversums, Rudolf Polifka, und hängte ein Bild des US-Schauspielers James Cagney an die Wand.

Der Legende nach soll der Polifka Rudl, der normalerweise „sanft wie ein Lamm, ein stiller Witwer und Zecher“ ist, eines Abends „durch de zuagmoachte Tia im Retourgang durchs Milchglos“ ins Espresso Rosi geflogen sein. Der US-Amerikanische Gangsterdarsteller James Cagney sei hinter ihm her. Das glaubt ihm die Stammbelegschaft nicht, bis sie Cagney in der Tür stehen sehen, der sagt: „Es is no a oide Rechnung offen zwischen dem Rudl und mir." So textete Brödl und sang es Kurt Ostbahn auf der 1995 erschienen CD „Espresso Rosi“.

Müllers Leidenschaft für die Musik Ostbahn-Kurti`s begann schon lange vor dem erstmaligen Auftreten des stillen Zechers. Vor mehr als 25 Jahren hörte er einen Ostbahn-Song, „wenn jemand Ostbahn einmal gefällt, dann gefällt er einem für immer“, sagt Müller. Für den Polifka hatte er aber schon immer eine besondere Vorliebe. Jahrelang spendete Müller Wein für die Versteigerungen zu Gunsten des Integrationshauses unter dem damals noch fiktiven Namen „Weinhandlung Rudolf Polifka“.

Das war, bevor er entdeckte, dass der im „Haaßen Pflaster“ besungene ehemalige Stricksalon Gerty in der Reindorfgasse nun leer stand. Scheinbar hatte sich auch die Nachfolgerin von Frau Gerty, „die ewige Studentin, die Nachhilfe in französisch und griechisch gab“, beruflich neu orientiert.

Factbox

Weinhandlung Rudolf Polifka,
Reindorfgasse 22, 1150 Wien
Öffnungszeiten:
Mittwoch und Freitag: 16.00 bis 22.00 Uhr (an Schultagen)

Müller renovierte den Laden liebevoll und schenkt seither Bioweine aus bekannten österreichischen und unbekannten französischen Anbaugebieten aus. Ob der Polifka jemals in Müllers Laden „orangen“ Wein vom Weingut Sepp Muster oder Müllers Lieblingswein „Arretxea“ getrunken hätte, bleibt zu bezweifeln. Günter Brödls Witwe hingegen war schon im Geschäft und sagte: „Dass hätte Günter gefallen“.

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