Namensvetterinnen

Manchmal ist es nicht einfach, einen Allerweltsnamen zu haben.

Gestatten, mein Name ist Gruber. Alexandra Gruber. Wahrscheinlich kennen Sie jemanden, der genau so heißt. Die Suchmaschine Google spukt 1.930.000 Treffer aus, wenn man diesen Namen eintippt. Alexandra Grubers gibt es wie Sand am Meer. Gruber ist der häufigste österreichische Familienname. Die Grubers, dank heimischer Phonetik auch gerne Gruabas genannt, lieben es, ihre Töchter Alexandra zu nennen. Nicht genug, dass wir Alexandra Grubers den umgangsprachlichen Ua-Lauten hilflos ausgeliefert sind, ist unser Name stets Anlass für Verwechslung und Missverständnis.
Unbekannte berichten mir auf Postkarten vom phantastischen Wetter im Stubaital. Der Provider fragt nach, warum ich meinen Anschluss kündigen will. Meine Mutter möchte wissen, warum ich ein paar hundert Euro von ihrem Konto abgehoben habe. Ich bekomme freundliche Einladungen der Simmeringer Adventbastelgruppe, eine Rechnung zwecks Teilnahme an einem Fortbildungsseminar für Hundefriseure und den Anruf eines Justizwachebeamten, der dringend Unterwäsche für einen seiner sesshaften Zöglinge urgiert. Und ich muss dann diese Versehen aufklären, damit meine Namensvetterinnen den Hundefriseur bezahlen oder mit Unterhosen nach Graz-Karlau fahren können.
Einst klagte ich meinem Kumpel Kwatschik, wohnhaft in der Reznicekgasse, am Biertisch mein Leid. Der zuckte nur gelangweilt mit den Schultern. Bekannte, so erzählt er, würden ihn oft nicht grüßen, weil sie sich seinen Namen nicht merken können. Die Post käme stets verspätet, weil niemand seine Anschrift fehlerfrei schreibt. Seine große Liebe wollte ihn einst wegen seines Nachnamen nicht heiraten. Kukutschki aus der Kolschitzgygasse nickt zustimmend. „Ist mir auch schon alles passiert.“

Alexandra Gruber schreibt und fotografiert für dieZeitschrift. Sie wohnt in Wien-Neubau, geht oft ins Cafe Europa und färbt sich seit jeher ihre Haare rot. Manchmal beschleicht sie die bange Ahnung, sie sei ein Bobo.